Instandsetzung und Wiedereinweihung der Wiesbadener Synagoge 1946
Als Zentrum jüdischen Lebens setzte die U.S. Army die Synagoge in der Friedrichstraße instand. Es ist vor allem der Verdienst des Rabbiners William Z. Dalin, dass eine aktive Jüdische Gemeinde wiederentstehen konnte.
Die Synagoge wurde in der Nacht auf den 10. November 1938 geschändet, schwer beschädigt, aber nicht zerstört. Nach der zwangsweisen Auflösung der Gemeinde durch die letzte große Deportation 1942 war das Gebäude sich selbst überlassen. Die Bombardierung Wiesbadens verursachte weitere Schäden, die nach Kriegsende zuerst notdürftig ausgebessert wurden, um erste Gottesdienste abhalten zu können.
Ohne die in Wiesbaden stationierten amerikanischen Truppen und die Militärregierung wäre die Instandsetzung der Synagoge in der Friedrichstraße undenkbar gewesen. Es war der Verdienst des Rabbiners William Z. Dalin, United States Army Air Corps Chaplain, dem es unter großen Anstrengungen innerhalb seiner 21-monatigen Dienstzeit in Wiesbaden gelang, die Synagoge wiederherstellen zu lassen. Dalin hatte kurz nach Kriegsende um die Versetzung nach Wiesbaden gebeten, da es ihm ein besonderes Anliegen war, sich den Bedürfnissen der DPs und der Jüdischen Gemeinden in Deutschland anzunehmen. Er war nicht nur für die bauliche Instandsetzung verantwortlich. Es ist auch ihm zu verdanken, dass die durch Eisig Matzner 1938 vor der Synagoge in der Friedrichstraße gerettete Thora-Rolle, die in der Schweiz den Krieg überdauert hatte, nach Wiesbaden zurück überführt werden konnte.
Headquarters Command United States Air Forces in Europe; Jüdische Gemeinde Wiesbaden (Hg.): Dedication of Synagogue Center of Wiesbaden, 1946.
Würdigung der Arbeit Dalins durch den Vorstand der Jüdischen Gemeinde Wiesbaden
In der U.S. Army dienten zahlreiche jüdischen Soldaten, für die Dalin Gottesdienste, Treffen und Feste unter anderem in der Synagoge organisierte, zu denen die in Wiesbaden lebenden Jüdinnen und Juden stets ausdrücklich eingeladen wurden. Er trat ihnen mit besonderem Respekt und Einfühlungsvermögen gegenüber. Die United States Air Force war es, die Strukturen für die Versorgung der jüdischen DPs schuf. Das „National Jewish Welfare Board“ stellte Gebetsbücher für die wiedereingeweihte Synagoge, die Jüdische Gemeinde wurde bei der Verteilung von eigens für die Jüdinnen und Juden zur Verfügung gestellten Lebensmitteln eingebunden. Rabbiner Dalin widmete sich den Angelegenheiten der Wiesbadener Jüdinnen und Juden mit großer Aufmerksamkeit. Dr. Leon Frim, Dr. Ansbacher und Jakob Matzner ehrten und charakterisierten seine Arbeit zum Abschied im Oktober 1947 wie folgt: „All of us have been moved and strengthened by the services you conducted. The thoughtful and inspiring adresses you gave, supported and comforted by the warm interest you took in all the happy and sad affairs of our people.” [„Wir alle sind durch die Gottesdienste, die Sie geleitet haben, bewegt und gestärkt worden, die aufmerksamen und anregenden Ansprachen, die Sie gehalten haben, haben uns unterstützt und getröstet aufgrund Ihres aufrichtigen Interesses, das Sie an allen glücklichen und traurigen Angelegenheiten unseres Volkes zeigten.“]
Der Sederabend zu Pessach 1947 konnte wieder in der Synagoge gefeiert werden
Rabbiner Dalin war auch für die Organisation der Sederabende zu Pessach 1946 und 1947 verantwortlich. 1946 trafen sich die jüdischen Soldaten, ihre Familien und die Mitglieder der Wiesbadener Gemeinde im Walhalla-Theater am Mauritiusplatz. 1947 fand der Seder in der vollbesetzten Synagoge statt. Welche Bedeutung die Sederabende für die zu diesem Zeitpunkt in Wiesbaden lebenden Jüdinnen und Juden hatten, ist aus heutiger Perspektive kaum vorstellbar. Dies galt auch für die würdige Durchführung der Schabbat-Gottesdienste.
Ohne das Engagement der U.S. Army hätte jüdisches Leben nicht so schnell nach der Shoah nach Wiesbaden zurückkehren können – wenn überhaupt. William Z. Dalin verließ Wiesbaden im Oktober 1947 und diente eine kurze Zeit in Indien, bevor er 1948 die Nachfolge von Rabbiner Seymour Stern beim „National Jewish Welfare Board“ mit Dienstort San Francisco antrat. Die enge Bindung zwischen Jüdischer Gemeinde Wiesbaden und der U.S. Army besteht bis heute fort. Regelmäßig finden gemeinsame Veranstaltungen statt. Mitglieder der U.S. Army nehmen an Gottesdiensten in der Wiesbadener Synagoge und am Gemeindeleben teil.