Egon Altdorf – eine lange Verbindung zur Jüdischen Gemeinde Wiesbaden
Mit der Gestaltung der Gedenkstele 1953 begann eine enge Verbindung des Bildhauers zur Jüdischen Gemeinde Wiesbaden. Der Innenraum des Synagogenneubaus ist das größte zusammenhängende Kunstwerk Egon Altdorfs.
1965 begannen die Bauarbeiten für den Synagogenneubau nach Plänen der Architekten Helmut Joos und Ignaz Jakubowitz. Nicht überliefert ist, wann der Bildhauer, Maler und Dichter Egon Altdorf den Auftrag für die Gestaltung der Innenraumelemente und Fenster der Synagoge erhielt. Nicht bekannt ist außerdem, wie die Zusammenarbeit zwischen Architekten und Künstler verlief. Dass Altdorf das Projekt allerdings sehr wichtig war, kann anhand eines Zeitzeugenberichtes belegt werden. Der Künstler stimmte die Gestaltung bis ins kleinste Detail mit den Verantwortlichen ab und arbeitete selbst auf der Baustelle. Im Rahmen des Festaktes zum 40. Jahrestag der Einweihung des Synagogenneubaus sagte Egon Altdorf, dass die Synagoge seine seelische Heimat sei.
Egon Altdorf wurde 1922 in Treptow an der Rega (heute Trzebiatów, Polen) geboren. 1924 zog die Familie nach Berlin, wo Altdorf aufwuchs. 1941 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Im Zweiten Weltkrieg diente Altdorf in der Luftnachrichten Kompanie Neubrandenburg. 1943 geriet er in Nordafrika in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Entlassung 1946 zog er nach Wiesbaden und arbeitete zuerst als Journalist für den Wiesbadener Kurier. Nach dem Studium an verschiedenen Kunsthochschulen reiste er durch Westeuropa und erhielt immer wieder Aufträge zur Gestaltung von Kunstwerken, insbesondere für den öffentlichen Raum. So entwarf er beispielsweise eine Kupferskulptur für das Wiesbadener Gymnasium am Moosbacher Berg. Seine erste Arbeit, die ihn in Kontakt mit der Jüdischen Gemeinde Wiesbaden brachte, war die Gestaltung der Gedenkstele in der Heinrich-Heine-Anlage 1953.
Der Innenraum der Synagoge ist bis heute unverändert
In Vorbereitung darauf, die Ausgestaltung der Synagoge zu übernehmen, beschäftigte sich Egon Altdorf intensiv mit jüdischer Theologie und Kunst. Über sein Werk sagte er 1966, dass das Design auf die Idee einer modernen repräsentativen jüdischen Kultur zurückgehe. Altdorf verband modernes Design mit Elementen der langen Tradition jüdischer Sakralkunst. Die gesamte Ausgestaltung des Innenraums der Wiesbadener Synagoge geht auf Egon Altdorf zurück. Damit ist sie sein größtes zusammenhängendes Kunstwerk. Anders als in anderen Synagogen, die in den 1960er Jahren in Deutschland entstanden sind, ist der Innenraum der Wiesbadener Synagoge bis heute unverändert geblieben und damit auch das Kunstwerk, das Egon Altdorf hier geschaffen hat.
Weiteres Zeichen für die enge Verbindung zur Jüdischen Gemeinde auch nach der Einweihung des Synagogenneubaus ist, dass Egon Altdorf für die Gemeinde 1998 einen weißen Parochet, den Vorhang vor dem Thoraschrein, der für die Hohen Feiertage genutzt wird, gestaltete. Altdorf stirbt 2008 in Wiesbaden.
Die Glasgestaltung von Egon Altdorf in der Synagoge Wiesbaden
Film von Patrick Bäuml